Mixed Reality
Das Forschungsprojekt DigitalTWIN hat eine Demo zur Verbesserung von Qualitätsprüfungsprozessen auf der Baustelle entwickelt. Im Zentrum der Demo steht die Übertragung und Verarbeitung von 3D-Scans mit einer leistungsfähigen, cloudbasierten Netzwerk- und Rechnerinfrastruktur für die Qualitäts- und Bauteilprüfung. Remote-Anbindungen mit mobilen Endgeräten werden auf der Baustelle immer wichtiger, um den Soll/Ist-Abgleich von der Planung bis zur Montage unter Zeitdruck synchronisieren zu können. In Kombination mit moderner Mixed-Reality-Technologie kann der Prüfungsprozess weiter vereinfacht und komfortabler gestaltet werden. Entwickelt wurde die Demo von den Konsortialpartnern seele, Fraunhofer HHI und Carl Zeiss 3D Automation.
Zeit- und Rechner-intensiver Abgleich
3D-Scans sind im Bauwesen gängige, digitale Werkzeuge zum Abgleich von Soll/Ist-Zuständen von Bauteilen. Das zu prüfende Bauteil wird mittels 3D-Scanner „abgetastet“ und in Form einer sog. Punktwolke als virtuelles Modell aufbereitet. Aufgrund der unterschiedlichen Datenstruktur müssen die Rohdaten für den Abgleich mit dem 3D-Modell oder der CAD-Zeichnung bisher manuell verschlankt und justiert werden. Erst dann kann die Auswerte-Software den Soll/Ist-Vergleich durchführen und auf einem Monitor darstellen. Ein datenintensives Vorgehen, bei dem Bandbreite und Rechnerkapazität insbesondere auf Baustellen schnell zum digitalen Flaschenhals werden.
„Freigaben am Bau können schneller gehen, um beispielsweise die nachfolgenden Montagearbeiten direkt beginnen zu können oder um erforderliche Nacharbeiten oder sogar die Nachproduktion schneller in die Wege leiten zu können. Es ist wichtig, ein Bauteil vor Ort schnell und verlässlich mit den Planungsdaten abgleichen zu können“, so Fabian Schmid, Projektleiter DigitalTWIN und Leiter Entwicklung digitaler Werkzeuge und Systemintegration bei der se commerce GmbH, der weiter feststellt: „Bei seele setzen wir 3D-Scanner für Qualitätssicherungszwecke seit Jahren gezielt ein. In der Fertigung ist ein solcher Abgleich kein Problem. Aber auf den Baustellen, wo performante IT-Infrastruktur nur selten oder nur rudimentär vorhanden ist, sind datenintensive Anwendungen wie die vernetzte, modellbasierte Qualitätssicherung eine Geduldsprobe. Mit der Demo schaffen wir nicht nur Praxisbezug, sondern zeigen einen echten Mehrwert für das Bauwesen.“
Skalierbare Clouds nutzen
DigitalTWIN nutzt für den Soll/Ist-Abgleich hochperformante, skalierbare Technologien. Dabei wurde zunächst gängige LAN-Verkabelung durch schnelle 5G-Funktechnologie zur Beschleunigung der Datenübertragung ersetzt. Mittels sog. mmWaves können die Punktewolken aus dem FARO-Scanner oder andere Daten mit einer Geschwindigkeit von mindestens 2 Gigabit/s an den Knotenendpunkt zur angebundenen, leistungsfähigen Netzwerk- und Rechnerinfrastruktur übertragen werden. Für die Verarbeitung der datenintensiven Punktewolkenmodelle nutzt DigitalTWIN eine lokal gehostete Cloud-Umgebung mit ScaleIT-Technologien. ScaleIT funktioniert als eine Art Schaltzentrale, hostet die benötigten Anwendungen und stellt die Kommunikation der Systeme sicher. Eingebundene leistungsstarke Edge- oder Enterprise-Server bereiten die 3D-Punktewolken mittels eines Algorithmus als HeatMap für die visuelle Überprüfung auf. Die Rückübertragung des Vergleichsmodells (HeatMap) an den Anwender erfolgt ebenfalls via mmWave-Übertragung.
Durch die Ausreizung der virtuellen Umgebung liefert die Demo nicht nur ein schnelleres, sondern auch ein genaueres Ergebnis. Deutlich mehr Modellinformationen bleiben erhalten, wodurch die Differenz zwischen den Punkten im Ist- und Soll-Modell minimiert wird und so ein präziserer Abgleich erfolgt.
Interaktiver Abgleich in der Brille
Im Rahmen der Demo testet DigitalTWIN gleichzeitig den Einsatz von Mixed-Reality-Technologie: Statt auf einem Bildschirm wird der Abgleich zwischen Referenz- und Sollmodell in einer AR-Brille (HoloLens) dargestellt. Der Prüfer erhält dabei das 3D-Modell in eine virtuelle Umgebung projiziert. Über Bedienelemente kann der Nutzer das Modell steuern, vergrößern und rotieren, wodurch eine detaillierte Prüfung aus verschiedenen Perspektiven möglich wird. Dabei werden Punkte mit einer hohen Abweichung vom Toleranzbereich visuell in der HeatMap hervorgehoben. Gleichzeitig sind über ein 5G-Bedienerinterface Metadaten sowie Livewerte des Datendurchsatzes zwischen den 5G-Knoten abrufbar. Sie werden dem Nutzer in Form eines Tachos dargestellt und zeigen Ausschläge bei der Datenübertragung.
Modell-Anwendung Glaselement
Für die Modell-Anwendung nutzte das Konsortium ein aufwändiges Glasfassaden-Exponat von seele. Dabei stellten die reflektierenden Glasflächen eine Herausforderung beim Scan-Prozess dar und demonstrieren die Komplexität der Qualitätsprüfung mittels 3D-Scan.