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Effiziente BIM-Projekte dank gemeinsamer Cloud-Plattform

CDE (Common Data Environment) aus der Cloud im Zusammenspiel mit BIM (Building Information Modeling) ist die ideale Voraussetzung, um die datenbasierten Herausforderungen im Bereich Großanlagenbau zu meistern.

Die Bedeutung von „Building Information Modeling“ (BIM) hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Ein Grund dafür ist der Stufenplan, den das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Jahr 2015 mit dem Ziel einführte, Bauunternehmen schrittweise an BIM heranzuführen. Ende 2020 trat nun die BIM-Pflicht für öffentlich ausgeschriebene Infrastrukturprojekte in Kraft. Das heißt, dass das BMVI Aufträge nur noch an Unternehmen vergibt, die zumindest in der Planungsphase mit BIM arbeiten.

Eine Studie von ORCA zeigt, dass BIM auch abseits dieser Bestimmung an Beliebtheit gewinnt. Die Frage nach den Erfahrungen der Firmen mit durchgeführten BIM-Projekten beantworteten 60 Prozent mit „positiv“ oder „sehr positiv“. Im Vergleich dazu waren es 2018 nur 27 Prozent.

Das überrascht nicht, da die Vorteile von BIM auf der Hand liegen. Dazu gehört etwa, dass alle Projektteilnehmer wie Architekten, Planer, Bauzeichner, Bauherren, Gutachter, Projektleiter, Poliere oder Controller gemeinsam an einem virtuellen Tisch versammelt sind. Damit lassen sich unter anderem potenzielle Konflikte oder Fehler bereits vor Baubeginn aus der Welt schaffen. Zu den weiteren Stärken zählen beispielsweise eine bessere Kostenkontrolle und Terminsicherheit, effektivere Zusammenarbeit sowie die Möglichkeit, ein Gebäude oder eine Anlage über den gesamten Lebenszyklus hinweg zu verwalten.
Das funktioniert aber nur dann, wenn sämtliche relevanten Daten und Informationen allen Beteiligten jederzeit und ortsunabhängig in hoher Qualität zur Verfügung stehen.

In der Praxis hakt es meist genau dabei: Die Speicherung der Unterlagen erfolgt in der Regel in lokalen Orderstrukturen und der Versand per E-Mail. Fehlen Informationen überhaupt, liegt das vielfach daran, dass die Verantwortlichen die Abgabetermine nicht kennen. Häufige Folgen: Dokumente existieren gleichzeitig in unterschiedlichen Versionen, viel Zeit geht mit der Suche oder mit der manuellen Anforderung an Partner verloren. Darüber hinaus verschärft sich die Situation dadurch, dass die Datenmenge besonders bei industriellen Großbauprojekten wie Kraftwerksbauten stark zunimmt.

Hier kommt „Common Data Environment“ (CDE) ins Spiel, eine gemeinsame Datenumgebung, die alle relevanten Dokumente an einem zentralen Ort speichert und verwaltet. Auf diese Weise tauschen sämtliche beteiligten Personen wichtige Projektunterlagen medienbruchfrei miteinander aus.

Wie sich CDE konkret umsetzen lässt, skizziere ich im Folgenden.

Gemeinsame Cloud-Plattform

Die Cloud stellt eine wesentliche Säule von CDE dar. Eine Cloud-Plattform ermöglicht die zentrale Speicherung aller im Anlagenbau relevanten technischen Daten und Unterlagen. Berechtigte Benutzer haben zeit- und ortsunabhängig sowie mobil darauf Zugriff. Ein weiterer Vorteil ist, dass dank automatischer Versionierung immer nur die jeweils aktuellste Variante eines benötigten Dokumentes zur Verfügung steht und somit hilft, das sonst oft übliche Chaos zu vermeiden – Stichwort „Single Source of Truth“.

Als Cloud-Service kann eine Industrie-Asset-Management-Lösung sehr rasch zum Einsatz kommen, da sie keine zeitraubende Installation erfordert. Dies ist beispielsweise dann wichtig, wenn neue Partner in der gemeinsamen Plattform einzubinden sind. So arbeiten laut der ORCA-Studie nur 20 Prozent der Unternehmen immer mit demselben BIM-Team zusammen, während 78 Prozent wechselnde Beteiligte verzeichnen – je nach den Projektanforderungen.

Ein modernes CDE-Werkzeug beinhaltet überdies modellierbare Schnittstellen zu vorhandenen Drittsystemen (wie zu Planungs- und Projektmanagementprogrammen), über die das nahtlose Zusammenführen von Informationen aus unterschiedlichen Quellen erfolgt.
Last but not least gelingt es vergleichsweise einfach, CDE als Cloud-Tool länderspezifisch anzupassen. Führende Produkte bieten das User-Interface in mehreren Sprachen an, was die zunehmende Internationalisierung im Anlagenbau widerspiegelt und die Akzeptanz durch die Benutzerinnen und Benutzer signifikant erhöht.

Prozessorientierte Lösung

Ein zukunftsweisendes CDE zeichnet sich im Zusammenspiel mit BIM durch Prozessorientierung aus. Diese zeigt sich auf mehreren Ebenen. So reduzieren etwa automatisierte Workflows den manuellen Aufwand und führen zu einer effizienten Abwicklung von Abstimmungs-, Prüf- und Freigabeprozessen. Eine regelbasierte Vollständigkeitskontrolle und automatisierte Fristenverwaltung sorgen für die rechtzeitige Erledigung sämtlicher Aufgaben.

Die Integration der fortgeschrittenen elektronischen Signatur gemäß der eIDAS-Verordnung für rechtsverbindliche digitale Unterschriften unterstützt diesen Ansatz und beschleunigt die Prozesse zusätzlich.
Durch persönliche Dashboards behalten allen Verantwortlichen zudem jederzeit den Überblick über relevante Informationen wie Dokumentenstatus, Fälligkeitsdatum, aber auch mögliche Vertragsstrafen.

Ein grafischer Prozesseditor spricht ebenfalls für eine Workfloworientierung. Mit diesem lassen sich maßgeschneiderte, unternehmensübergreifende Prozesse erstellen – und das nach dem No-Code/Low-Code-Prinzip ohne Programmierkenntnisse. Sobald ein neuer Workflow modelliert ist, steht dieser im Common Data Environment für die Verwendung im BIM-Projekt bereit.

Sicherheit als Top-Priorität

IT-Security und Datenschutz bedeuten besonders bei Großprojekten mit vielen involvierten Personen und Unternehmen eine sehr ernst zu nehmende Herausforderung.

Neueste, cloudbasierte CDE-Tools warten hier mit einem mehrstufigen Schutzkonzept auf – Ende-zu-Ende-Verschlüsselung inklusive. So erlaubt eine Zwei-Faktor-Authentifizierung mittels Single Sign-on ausschließlich berechtigten Personen den Einstieg in das System. Außerdem regelt ein intelligentes Rollen- und Rechtekonzepts klar, wer welche Inhalte sehen, bearbeiten, prüfen oder freigeben darf.

Das System protokolliert sämtliche Zugriffe auf Dokumente – Stichwort Nachvollziehbarkeit und Revisionssicherheit. Das bedeutet unter anderem, dass die „Zeitreise“-Funktion Unterlagen, Metadaten oder ganze Projekte übersichtlich auf einer Zeitachse darstellt. Unterschiedliche Versionen lassen sich miteinander vergleichen und bei Bedarf auch jederzeit wiederherstellen.

Der Cloud-Provider ist eine wichtige Komponente beim Thema Datenschutz und -sicherheit – vorausgesetzt es handelt sich um einen europäischen Native-Cloud-Anbieter, der die Cloud auf eigener Hardware (nicht von US-Konzernen angemietet) und mit eigenen Technologien in europäischen Rechenzentren betreibt. So stellen Unternehmen die Einhaltung der DSGVO hinsichtlich personenbezogener Daten sicher.

Zudem belegen eine Vielzahl von Zertifizierungen, dass der Cloud-Provider höchste Sicherheitsstandards erfüllt. Ein Beispiel mit Vorbildcharakter ist der Anforderungskatalog C5 („Cloud Computing Compliance Criteria Catalogue“) des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

BIM und CDE als kongeniales Duo

Durch die rasant wachsende Datenmenge in industriellen Großbauprojekten stehen viele Verantwortliche großen administrativen Herausforderungen und hohen Kosten gegenüber. Dazu kommt die „BIM-Pflicht“, die Unternehmen dazu antreibt, die Datenhaltung und die Zusammenarbeit mit Projektpartnern auf eine neue Stufe zu heben. Mit CDE in Form einer prozessorientierten, cloudbasierten Lösung gelingt es, die zahlreichen Anforderungen zu meistern und damit signifikante Wettbewerbsvorteile zu erzielen.

Dass in diesem Bereich noch viel Luft nach oben ist, beweist die eingangs erwähnte ORCA-Studie: 2020 haben erst 19 Prozent CDE für ihre BIM-Projekte genutzt.


Andreas Dangl

Autor
Andreas Dangl ist Business Unit Executive für Cloud-Services bei Fabasoft. In seiner Funktion berät und unterstützt er Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen bei der Einführung von Cloud-Lösungen. www.fabasoft.com