BIM – eine Revolution im Wartestand?
Redaktion: Als Geschäftsführer der TePmA GmbH, eines etablierten Planungsbüros für die technische Gebäudeausrüstung, gehört das Thema „Building Information Modeling – kurz genannt BIM“ sicherlich zu Ihrem Beratungsalltag. Wie offen stehen ihre Kunden denn dem Thema BIM gegenüber? Was sind die größten Vorbehalte gegen BIM?
Detlef Cordes: Das Thema BIM wird natürlich auch bei unseren Kunden heiß diskutiert. Häufig bekommen wir dabei Anfragen, ob wir diese Planungsmethode denn auch beherrschen. Wobei BIM oftmals mit 3D-Planung verwechselt wird. Das ist grundsätzlich zwar nicht falsch, doch viel zu kurz gesprungen. Denn die 3D-Planung ist natürlich nur ein Bruchteil von dem, was BIM zu bieten hat. Building Information Modeling ist eine vollkommen neue Planungsmethode und revolutioniert dadurch die gesamten Planungsabläufe im Baugewerbe. Alle Arbeitsprozesse ändern sich: Sprich alle Beteiligten, wie Architekten, Tragwerksplaner oder Fachplaner müssen nun ihre gesamten Arbeitsabläufe neu koordinieren. BIM ist eine Methodik, ein Projekt im Hinblick auf die Kosten, die Terminierung sowie eventuelle Problemsituationen virtuell durchgeplant. Dabei werden alle Schwierigkeiten, die heutzutage noch teuer auf den Baustellen gelöst werden, bereits im Zuge des Planungsprozesses eliminiert.
Der größte Vorbehalt gegenüber BIM ist vor allem, dass sich alle Beteiligten bereits im Vorfeld mittels offener und sehr umfangreicher Kommunikation austauschen müssen. In Deutschland sind wir, was diese offene Kommunikation angeht, immer etwas verhalten. Viele haben dieses Umdenken noch nicht verinnerlicht und halten mit ihren Informationen noch hinterm Berg.
Redaktion: Seit wann gehört die BIM bei der TePmA GmbH zum festen Beratungsportfolio. Wie viele Projekte haben Sie bereits mittels BIM umgesetzt?
Detlef Cordes: Im Jahr 2015 haben wir unser erstes Projekt – ein Rathaus im öffentlichen Bereich – nach dieser Planungsmethode begonnen, wobei sich zu diesem Zeitpunkt alle Beteiligten noch in der Übungsphase befunden haben und das Thema BIM dadurch nur zu einem geringen Teil praktiziert werden konnte. Seither haben wir ca. sieben Projekte mit der neuen Planungsmethode umgesetzt. Dabei haben wir unsere Planungsprozesse mit der BIM-Methode von Projekt zu Projekt immer weiter verfeinert. Das Problem ist jedoch, dass es in Deutschland kaum Planungspartner gibt, die diese Methode vollständig leisten können. Wir bei TePmA sind zwar von unserer Infrastruktur her in der Lage BIM umzusetzen – unsere Partnerunternehmen sind jedoch häufig noch nicht so weit. Um einen Planungsprozess vollständig umzusetzen, müssen allerdings alle Planungsbeteiligten auf dem gleichen Stand sein.
Redaktion: Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Benefits von BIM, denen man sich bei aller berechtigten Skepsis eigentlich nicht verschließen können?
Detlef Cordes: Meiner Meinung nach bietet die Planung mit BIM nur Vorteile. Zum einen wird Kostensicherheit für den Kunden gewährt: Der Bauherr hat kontinuierlich die Kosten eines Projekts im Blick und erlebt keine unangenehmen Überraschungen, wie es beispielsweise bei einigen Großprojekten in Deutschland der Fall war. Zum anderen werden alle wesentlichen Entscheidungen mit BIM bereits in der Planungsphase und damit noch vor Baubeginn getroffen. Sämtliche Kollisionspunkte können deshalb schon während des Planungsprozesses eliminiert werden und werden damit nicht auf der Baustelle zum Problem. Auch Knackpunkte werden frühzeitig erkannt, sodass die Verantwortlichen umgehend reagieren können. Ebenso lassen sich die Terminierung und die Dauer des Bauprojekts exakt festlegen.
Redaktion: Eine der größten Hürden bei der Umsetzung von BIM ist sicher der Vorbehalt, dass sich alles ändert, es also einen kompletten Wandel in den Planungsabläufen und Arbeitsprozessen gibt. Stimmt das oder können Sie diesen Vorbehalt etwas entkräften?
Detlef Cordes: Dieser Vorbehalt ist grundsätzlich richtig: Es ist ein wesentliches Umdenken im Rahmen der Planungsabläufe erforderlich. Die Planungsbeteiligten (Tragwerk, Architekt, Fachplaner) müssen kontinuierlich als Team arbeiten, was eine offene Zusammenarbeit voraussetzt. Dafür sind insbesondere flexible Denkweisen maßgeblich und Änderungen gegenüber üblicher Herangehensweisen zwingend notwendig. Durch diese neue Form der Kommunikation ist auch eine flexible und schnelle Reaktionszeit notwendig. Es ist jedoch noch nicht Standard, dass alle Projektbeteiligten über diese Kommunikationsmöglichkeiten verfügen, gerade bei kleineren Büros ist dies häufig nicht der Fall. Uns fällt es von der TGA-Seite her aus wesentlich leichter in diesen BIM Prozess einzusteigen, weil wir bereits seit vielen Jahren in der 3D-Planung tätig sind.
Redaktion: Brauchen Unternehmen einen eigenen BIM-Experten, um eine erfolgreiche Implementierung von BIM gewährleisten zu können?
Detlef Cordes: Ein ganz klares ja – nur mit einem Experten und entsprechend ausgebildeten Mitarbeitern können Schwerpunkte definiert und ein roter Faden erarbeitet werden. Wir haben bei TePmA beispielsweise ein eigenes BIM-Team bestehend aus speziell geschulten Mitarbeitern gebildet. Die Teamleitung fungiert dabei als sogenannter BIM-Koordinator. Daneben gibt es außerdem die Funktion des BIM-Managers, diese Position wird jeweils projektabhängig vergeben. Der BIM-Manager erstellt die gesamte Planungsstruktur eines Projekts und kommuniziert diese dann mit den jeweiligen BIM-Koordinatoren der beteiligten Disziplinen (Tragwerk, Architektur, Fachplaner). Während des Projektes stehen Manager und Koordinatoren deshalb in regelmäßigem Austausch.
Redaktion: Warum kommt Ihrer Meinung nach BIM in Deutschland immer noch nicht richtig voran. Warum gelingt dies in Großbritannien oder den skandinavischen Ländern erheblich besser?
Detlef Cordes: In Deutschland wird versucht, das Thema allumfassend zu beleuchten und zu regeln. BIM setzt in den Bereichen Vergütung (HOAI) der Planungsleistung, rechtliche Klärung der Schnittstellen bzw. Urheberrechte und Normung nach DIN wesentliche Änderungen voraus. Hier bewegt sich Deutschland im Moment in vielen Teilen noch in der Grauzone und es wird häufig noch sehr bürokratisch und verschlossen agiert. In anderen Ländern ist man dagegen wesentlich experimentierfreudiger, versucht die positiven Teilaspekte herauszuziehen und regelt dann die Dinge nachgelagert. Dadurch wird keine kostbare Zeit verschenkt so wie derzeit in Deutschland.
Redaktion: Wie stehen Sie zu der Kritik, dass BIM und HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) nicht zusammenpassen?
Detlef Cordes: Das klassische Leistungsphasendenken gibt es so nicht mehr, stattdessen verschmelzen durch eine Planung mit BIM die einzelnen Planungsphasen miteinander: Das heißt, die hintereinander folgenden Phasen wird es in Zukunft nicht mehr geben. Ein Projekt wird mit BIM stattdessen vollumfänglich bewertet. Dabei kann es durchaus passieren, dass die Planung im Untergeschoss schon bis ins letzte Detail durchgeplant ist, während man im Obergeschoss beispielsweise sich noch in der Grobplanung befindet. Dadurch dass sich die gesamte Denkweise geändert hat, muss auch die HOAI eine vollständige Novellierung erfahren.
Redaktion: Wagen wir einen Blick in die Zukunft. Wo steht die BIM in Deutschland in zehn Jahren?
Detlef Cordes: BIM ist die Zukunft – davon bin ich fest überzeugt! Die Vorteile sind nicht von der Hand zu weisen und die Verschmelzung von Virtuellem und Handwerk wird sich sicherlich durchsetzen. Ich kann mir beispielsweise gut vorstellen, dass irgendwann morgens auf der Baustelle VR-Brillen verteilt werden und die Arbeiter dadurch ihre Arbeitsanweisungen erhalten, sodass Pläne in Papierform überflüssig werden. Ob wir in 10 Jahren schon so weit sind, weiß ich natürlich nicht. Dennoch ist in diesem Bereich eine rasante Entwicklung zu erkennen.