Fachartikel

BIM bei Infrastruktur-Projekten als Schlüssel zum Erfolg

Marktforscher wie Zion Market Research prognostizieren, dass der Markt für Building Information Modeling (BIM)-Lösungen bis 2022 10,36 Milliarden Dollar erreicht. Regierungen haben den Einsatz von BIM bei Infrastrukturprojekten in ganz Europa und darüber hinaus angeordnet, um große Entwicklungsprojekte zu rationalisieren. Für Projektabwicklungsteams kann BIM zur Steigerung der Produktivität beitragen; für Eigentümer wird es mehr Kontrolle über die Projektabgabe, Risikominderung und einfachere Übergabe der gebauten Anlage bieten.

Einen weiteren Schub erwarten Experten von einer gemeinsamen Datenumgebung (einer CDE – Common Data Environment). Immer mehr Unternehmen sind bestrebt, eine CDE in einem Projekt oder einer Organisation einzusetzen. Eine CDE ermöglicht eine zuverlässige und sichere Zusammenarbeit und verbessert die Transparenz zwischen den Teams, um unter anderem Benchmarking, Qualitätskontrolle, Risikominderung und Anlagenübergabe zu verbessern.

Die zunehmende Akzeptanz der BIM-Methodik kann nur in einer Branche erwartet werden, die eine digitale Transformation anstrebt, es gibt jedoch grundlegende Herausforderungen. Befragt man zufällig ausgewählte Personen in verschiedenen Teams im selben Projekt zu ihrem BIM-Verständnis, so hört man wahrscheinlich eine Reihe unterschiedlicher Meinungen. Fragt man, wofür der Begriff CDE steht, wird es eine ebenfalls eine Reihe von Sichten und Antworten geben. Die aus den geschilderten Szenen erkennbare mangelnde Standardisierung und Konsistenz ist ein großes Problem, mit dem sich die Bauwirtschaft auseinandersetzen muss. Insbesondere, wenn sie von datenorientierten technologischen Innovationen profitieren will.

Die Verwirrung um BIM ist derzeit noch häufig anzutreffen und die Mythen und Fehlinformationen können abschreckend für eine breitere Akzeptanz in der Branche auf alle Teams in einem Projekt wirken. Manche sind nach wie vor der Ansicht, dass BIM lediglich eine reine Technologie ist oder dass sie sich nur auf den geometrischen Entwurf bezieht (da 3D-Modelle auch bei BIM bedeutend bleiben). Wieder andere glauben, dass es nur bei großen Projekten einsetzbar ist.

BIM sollte daher in einem neuen Licht betrachtet werden. Über eine CDE-Plattform wird ein vernetzter und kollaborativer BIM-Prozesses für alle Teams möglich – so können alle Projektdetails, Kommunikation, Informationen und Daten an einem Ort gesammelt und ausgetauscht werden. Bleiben die Prozesse isoliert, kommt es zu Versionierungsproblemen, Doppelarbeit, Zeitverlust, eingeschränkter Zusammenarbeit und mangelnder Transparenz. Dadurch ist die Erstellung eines digitalen Zwillings erschwert bis unmöglich.

Wenn der Einsatz von BIM und CDE jetzt nicht organisationsübergreifend oder projektübergreifend erfolgt, wie soll die Branche dann von weiteren Potenzialen der Datenerfassung und -analyse wie Künstlicher Intelligenz, Virtual Reality, Augmented Reality, Drohnen, Sensoren und anderen Technologien, die eine intelligentere Vernetzung und Konstruktion ermöglichen, profitieren?

Bauunternehmen müssen auf einen verlässlichen Datenbestand zurückgreifen können. Eine erweiterte, umfangreichere Datenmenge, wie sie durch die genannten technologischen Innovationen geschaffen wird, kann auf unterschiedliche Weise genutzt werden. Beispielsweise um Probleme zu identifizieren und zu beheben, bevor sie höhere Aufwände verursachen; um Bauablaufpläne bei Planänderungen und -abweichungen zu aktualisieren; um eine sichere Arbeitsumgebung für Mitarbeiter zu gewährleisten und um jederzeit Zugriff auf Informationen zu verbauten Materialien und technischen Einrichtungen einer Liegenschaft zu haben.

Die aufgezählten Punkte adressieren beispielhaft Probleme, mit denen die Baubranche derzeit zu kämpfen hat. Dazu gehören die vergleichsweise geringe Produktivität, Projekte, mit Budget- und Zeitüberschreitungen, sowie mangelnde Qualitätskontrolle. Insgesamt muss eine bessere Ausbildung zur Art der einzusetzenden BIM-Lösungen, sowie die Aufgaben, Mehrwerte und Anwendungsgebiete eines CDE, erfolgen. Die Anforderungen an ein CDE sind aus Projektsicht andere als aus Anwenderkreisen wie Bauherren oder Unternehmen.

Darum haben auf Initiative von ORACLE aconex die Unternehmen ALLPLAN GmbH, die eTask Immobilien Software GmbH, die Fact GmbH, think project! und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungsindustrie die DIN SPEC 91391 entwickelt. Die Initiative wurde dabei beratend von TNO Research und der Planen und Bauen 4.0 GmbH unterstützt. Die neue DIN SPEC 91391 (siehe Anmerkung) „Gemeinsame Datenumgebungen (CDE) für BIM-Projekte“ baut auf der der ISO 19650 auf und beschreibt erstmals 1.) funktionale Anforderungen an eine CDE als auch 2.) an den offenen Datenaustausch zwischen Plattformen verschiedener Hersteller. Sie steht zum kostenlosen Download unter beuth.de zur Verfügung.

Moderne BIM-Lösungen müssen vernetzbar sein und die Sicherheit und Zertifizierungen bieten, die erforderlich sind, um das Vertrauen der Anwender zu stärken. Die Zahl der in BIM-Projekten verwendeten Systeme muss reduziert werden, um die Daten effizienter zu verwalten und mehr Sicherheit bei der Übergabe zu garantieren. Ein digitaler Zwilling muss vertrauenswürdig sein und die gesamte Projekthistorie abdecken können. Die DIN SPEC 91391 schafft hier Klarheit zu erforderlichen Funktionen einer CDE. Eine begleitende Funktionsliste (Excel) bietet Hilfestellung bei CDE-Ausschreibungen und beim Vergleich der Lösungen verschiedener CDE-Hersteller.

Anmerkung: Gemeinsame Datenumgebungen (CDE) für BIM-Projekte – Funktionen und offener Datenaustausch zwischen Plattformen unterschiedlicher Hersteller – Teil 1: Module und Funktionen einer Gemeinsamen Datenumgebung; mit digitalem Anhang; Teil 2: Offener Datenaustausch mit Gemeinsamen Datenumgebungen

Autor: Frank Weiß, Director of New Products, BIM und Innovation bei Oracle Construction and Engineering