Fachartikel

BIM-Ausbildungsreport 2021

Die Zahl der Hochschulen und Universitäten in Deutschland, die BIM-Programme anbieten, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Das gilt für Bachelor- wie für Master-Studiengänge in den Ingenieur- und Architekturfakultäten. Zusätzlich werden viele BIM-Kurse von Verbänden und Kammern der Baubranche angeboten. Ebenso sind zahlreiche private Initiativen auf dem Markt, die Online- und Präsenzschulungen zu Digitalisierungsthemen im Allgemeinen und BIM im Speziellen anbieten.

Die Jade Hochschule in Oldenburg beobachtete den Stand der BIM-Ausbildung in den Jahren 2014-2016. In diesem Zeitraum begann die Implementierung von BIM in allen untersuchten Bundesländern, sowohl in die Lehrpläne der Hochschulen als auch in die Weiterbildung. Hier ergaben sich Unterschiede zu anderen Ländern in Europa. So betrachten in England eine Vielzahl von BIM-Masterstudiengängen die Methodik BIM im gesamten Lebenszyklus des Bauobjektes. Verglichen dazu wurden in Deutschland weitestgehend nur einzelne Module zum Thema BIM in die Lehrpläne der Hochschulen integriert. Im Allgemeinen richtete die Mehrheit der BIM-Aus- und Weiterbildungskonzepte in Deutschland den Fokus auf den Umgang mit bestimmter BIM-Software. Die Anwendung der eigentlichen Methodik, die veränderten Kommunikationsstrukturen im Rahmen eines OpenBIM-Konzeptes, lag im internationalen Vergleich weit zurück.

Initiativen/Organisationen für die BIM-Ausbildung und BIM-Entwicklung

buildingSMART Germany hat sich zum Ziel gemacht, die Entwicklung von BIM-Bildungsinitiativen in Deutschland zu unterstützen und zu fördern. Dadurch soll sichergestellt werden, dass eine konsistente BIM-Ausbildungslandschaft hierzulande entsteht.

bSI Professional Certification Program

Mit seinem Professional Certification Program (bSI PCert) bietet buildingSMART International einen weltweit gültigen Qualitätsmaßstab zum Bewerten und Vergleichen der Kenntnisse und Kompetenzen in Building Information Modeling. Hierzulande kooperiert buildingSMART Deutschland mit dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI). Gemeinsam haben sie die Richtlinie VDI/bS-MT 2552 8.1 entwickelt, als Grundlage dieses Programmes. Blatt 8.2 steht – ebenfalls als Gemeinschaftsprodukt von buildingSMART und VDI – kurz vor der Veröffentlichung. Im Rahmen dieses Zertifizierungsprogrammes bietet buildingSMART selbst keine Schulungen oder Kurse an, sondern definiert vielmehr Mindestanforderungen der Lehrinhalte und Lernergebnisse, regelt die Zulassung von Schulungsanbietern sowie die Prüfung und Zertifizierung von Einzelpersonen. Für die eigentliche Ausbildung ist der Schulungsanbieter verantwortlich.

Das bSI PCert ist zweistufig aufgebaut. Die erste Stufe des BuildingSMART Zertifizierungsprogramms – das Professional Certification – Foundation – zielt auf ein einheitliches Verständnis der BIM-Grundlagen ab. Es soll Basiswissen in Building Information Modeling vermitteln und das erlangte Wissen mittels einer zentralen, international abgestimmten Prüfung geprüft und zertifiziert werden. Dieses Basis-Programm wird den Schulungsanbietern in Deutschland seit Mai 2018 als buildingSMART/VDI-Zertifikat BIM-Qualifikationen – Basiskenntnisse angeboten. Ca. 40 Schulungsanbieter, darunter Hochschulen, private Weiterbilder, Kammern und Unternehmen, bieten seitdem in Deutschland Ihren Schulungsteilnehmern diese Zertifizierung an. Mehr als 2500 Teilnehmer wurden bisher zertifiziert.

In der zweiten Phase wird ab Herbst 2021 die Aufbaustufe angeboten, Professional Certification – Practitioner genannt. Der Schwerpunkt liegt auf der Vermittlung anwendungsbezogener BIM-Kompetenzen.

Neben buildingSMART Germany gibt es in Deutschland weitere Institutionen, die das Ziel verfolgen, die Digitalisierung im Bauwesen voranzutreiben und Unternehmen der Baubranche dabei zu unterstützen.

Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen

Seit 2018 arbeitet in Deutschland das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen mit dem Ziel, die Digitalisierung und Vernetzung mittelständischer Unternehmen in der Wertschöpfungskette der Projektentwicklung des Planens, Bauens und des Betriebs zu unterstützen. Dieses Kompetenzzentrum wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Förderschwerpunkts „Mittelstand-Digital – Strategien zur digitalen Transformation der Unternehmensprozesse“. Das übergeordnete Anliegen des Kompetenzzentrums ist, die vermehrte Anwendung der Methode BIM zu fördern sowie eine erfolgreiche Implementierung digitaler Planungsmethoden im Bauwesen zu erreichen. Das bedeutet, dass die BIM-Debatte von Bauenden, Projektsteuernden, Architekturschaffenden, Ingenieuren/innen und Software–Entwickelnden auf die Phasen der Projektentwicklung und des Betriebs ausgeweitet werden soll. Damit sollen angrenzende Branchen der Banken-, Versicherungs- und Immobilienwirtschaft, des Facility-Managements und des Handwerks für die neuen Möglichkeiten sensibilisiert werden.

planen-bauen 4.0 GmbH

Die planen-bauen 4.0 GmbH koordiniert und beschleunigt seit ihrer Gründung 2015 die Digitalisierung des deutschen Bauwesens. Sie begleitet die BIM-Pilotprojekte des Bundes im Bereich Hochbau, Straße, Schiene und Wasserstraße. Darüber hinaus ist die Gesellschaft in zahlreichen nationalen und internationalen Projekten zur Standardisierung und Implementierung der modellbasierten Arbeitsweise involviert.

BIM Deutschland

Die deutsche Bundesregierung möchte die Digitalisierung der Geschäftsprozesse im Bauwesen beschleunigen und aktiv mitgestalten. Deshalb hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zusammen mit Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat im Sommer 2019 BIM Deutschland als das Zentrum für die Digitalisierung des Bauwesens gegründet. Das wichtigste Ziel von BIM Deutschland ist die Erstellung abgestimmter und einheitlicher Vorgaben im Infrastruktur- und Hochbau. Alle erarbeiteten Informationen und Werkzeuge sollen offen und unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Wahrnehmung der Methode BIM in Deutschland

Building Information Modeling als Planungsmethode ist in Deutschland durchaus existent. Dennoch zeigen Studien, dass viele Unternehmen diese Methode nicht oder nur unzureichend nutzen. Dies birgt das Risiko, dass sie ihre Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel setzen, weil sie den Anschluss an neue Geschäftsfelder verlieren. Die Forderung privater Auftraggeber nach dem Einsatz von BIM ist noch gering. Zunehmend fordern jedoch immer mehr Ausschreibungen das digitale Planen und Bauen.

In Deutschland nimmt nun der Bund eine Vorreiterrolle ein. So soll künftig schon bei der Vergabe öffentlicher Aufträge für den Bundesinfrastrukturbau und den infrastrukturbezogenen Hochbau verstärkt auf BIM gesetzt werden. Die größte Herausforderung sind dabei fehlende Regeln und Standards. Deshalb haben Vertreter von Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden bei einer Anhörung im Deutschen Bundestag im Januar 2020 gefordert, verlässliche Rahmenbedingungen für Planungs- und Bauunternehmen bei der Digitalisierung zu schaffen.

Dieser Beitrag entstand durch die Unterstützung von Silke Wedemeyer / Jade Hochschule Oldenburg, Fachbereich Bauwesen und Geoinformation / Lehreinheit Bauwesen; Janine Altmann / buildingSMART Dresden, Zertifizierung & Regionalgruppen, EU-Förderprojekt ESSENCE; Prof. Dr. Sebastian Hollermann / Jade Hochschule Oldenburg, Fachbereich Bauwesen und Geoinformation / Lehreinheit Bauwesen